Donnerstag, 24. April 2014

Buch über das Leben der Nesthäkchen-Autorin Else Ury von Marianne Brentzel



Vorwort des lesenswerten Buches „Mir kann doch nichts geschehen .... Das Leben der Nesthäkchen-Autorin Else Ury“ von Marianne Brentzel, erhältlich bei:
http://www.amazon.de/kann-nichts-geschehen-%2522Nesth%C3%A4kchen-Autorin%2522-Nesth%C3%A4kchen-Autorin/dp/3869150025/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1398337937&sr=8-1&keywords=Marianne+Brentzel

„Zeitzeichen. Stichtag heute: 12.01.1943. Todestag der Jugendbuch-Schriftstellerin Else Ury. Ich sitze im Auto auf dem Weg zur Arbeit und höre WDR 2. Der Name Ury ist mir vertraut wie der Geschmack von Grießbrei aus meiner Kindheit. Nesthäkchen. Ich höre die Stimmen aus dem Radio, ich sehe die stolze Serie von neun Bänden in meinem Bücherschrank vor mir. Eine Altmännerstimme sagt: „Mir wurde in Amsterdam ein letzter Brief meines Vaters übergeben und da wurde berichtet, dass meine Tante am 6. Januar 1943 von der Gestapo verhaftet worden war. Wir wussten aber später aus Dokumenten, dass sie am 12. Januar nach Auschwitz deportiert wurde, also war sie anscheinend sechs Tage im Sammellager in Nord-Berlin, bevor sie in die Viehwagen nach Auschwitz kam.“ Ich fahre den Wagen an den Straßenrand. Kein Wort will ich verpassen. Das Gehörte ist mir neu, erschüttert und verwirrt mich. Der Name Else Ury war fest in meinem Gedächtnis haften geblieben, über dreißig Jahre lang, unbelastet und geschichtslos. Else Ury – eine Jüdin? Else Ury – Opfer des Völkermordes in Auschwitz? Dass die Vergangenheit uns immer wieder einholt, wusste ich bereits, aber so konkret hatte ich es selten erfahren.“

Mit diesem Bericht leitete ich 1992 meine Else-Ury-Biografie „Nesthäkchen kommt ins KZ. Eine Annäherung an Else Ury“ ein. Für mich war die Zeitzeichen-Sendung im Januar 1988 der Beginn einer intensiven Beschäftigung mit Else Ury. Zuerst nahm ich Kontakt zu Klaus Heymann, dem Alleinerben und Neffen Else Urys auf. Daraus wurde eine Freundschaft, die bis heute andauert. Klaus Heymann gab mir bereitwillig viele nützliche Hinweise, schenkte mir Familienbilder, überließ mir Briefe und Zeugnisse aus dem Leben Else Urys.


Das Echo auf das Erscheinen meines Buches war überwältigend. Offensichtlich waren Else Urys Bücher, insbesondere die Nesthäkchen-Serie, für die Kriegs- und Nachkriegsgenerationen der Frauen ein Teil ihrer Identität. Die Erschütterung über Else Urys Tod in Auschwitz war groß. Seitdem wurde weiter über Else Urys Leben und Werk geforscht, Ausstellungen entwickelt, neue Erkenntnisse gewonnen und sie wurde in die vierundzwanzigbändige Brockhaus-Enzyklopädie aufgenommen. In Berlin trägt eine Kinder- und Jugendbibliothek ihren Namen, am Savignyplatz gibt es inzwischen einen Else-Ury- Bogen und an ihrem Ferienhaus in Karpacz, vormals Krummhübel, ist eine Plakette zum Gedenken an Else Ury in deutscher und polnischer Sprache angebracht, an der Wand von Haus Nesthäkchen prangt die Inschrift: „Dom Nesthäkchen“. Eine Ausstellung in deutscher und polnischer Sprache erzählt vom Leben und Werk Else Urys. Tangermünde, die Herkunft der Familie Ury, restaurierte den jüdischen Friedhof, und auf einem der wenigen gut erhaltenen Grabsteine kann man den Namen einer „Treudel geb. Ury“ lesen. Else Ury hat Spuren hinterlassen, die weit über die Bekanntheit der Nesthäkchen- Bände hinausgehen.
Else Ury hat kein Grab in Berlin. Nur ein Memoriam auf dem Grabstein ihrer Eltern auf dem jüdischen Friedhof Weißensee erinnert an ihr Schicksal: „Else Ury geb. in Berlin 1. Nov. 1877 deportiert von Berlin 12. Jan. 1943 und nicht zurückgekehrt.“



Homepage der Autorin Marianne Brentzel:

www.mariannebrentzel.de