Mittwoch, 16. Mai 2007

Kurzbiografien von Ärztinnen und Krankenschwestern







Leseprobe aus dem Anhang der CD-ROM "Superfrauen: 14 Bücher auf einer CD-ROM" von Ernst Probst:

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Agnodike
griechische Ärztin
lebte um 300 v. Chr. in Athen

Agnodike studierte in Männerkleidung bei dem griechischen Arzt Herophilos Medizin und Geburtsheilkunde, weil dies Frauen nicht möglich war. Sie praktizierte danach in männlicher Garderobe so erfolgreich in Athen, dass Neider den vermeintlichen Arzt anklagten, er verführe die Patientinnen. Daraufhin gab sich Agnodike als Frau zu erkennen, worauf ihr Vorspiegelung falscher Tatsachen und Praktizieren als Frau vorgeworfen wurde. Einer Verurteilung zum Tode entging sie nur deshalb, weil sich zahlreiche Frauen auf ihre Seite stellten und ihren Männern im Fall einer Verurteilung Agnodikes drohten, sie zu verlassen. Die Folge war: Agnodike durfte weiter praktizieren und eine Gesetzänderung erlaubte, dass frei geborene Frauen Medizin studieren und praktizieren durften. Ihnen war es aber nur erlaubt, Patientinnen zu untersuchen und zu behandeln.

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Lou Andreas-Salomé
Psychoanalytikerin und Schriftstellerin
geboren am 12. Februar 1861 in St. Petersburg (Russland)
gestorben am 5. Februar 1937 in Göttingen

Lou Andreas-Salomé war das sechste Kind und die einzige Tochter des deutsch-baltischen Generals Gustav von Salomé und seiner Frau Louise Wilm. 1880 verließ sie in Begleitung ihrer Mutter St. Petersburg und studierte in Zürich Theologie, Philosophie und Kunstgeschichte. Ein Jahr später riet man ihr wegen ihres beginnenden Lungenleidens zu Kuraufenthalten. Sie reiste mit ihrer Mutter nach Rom und lernte dort die Schriftstellerin Malwida von Meysenburg (1816–1903) sowie die deutschen Philosophen Paul Rée (1849–1901) und Friedrich Nietzsche (1844–1900) kennen. Lou, Rée und Nietzsche planten die Errichtung einer „Wohn- und Studiergemeinschaft“ in Berlin, die jedoch scheiterte, als die junge Frau die Heiratsanträge der beiden Männer ablehnte. Danach schlug Nietzsches Sympathie in Hass um. In der Folgezeit bereiste Lou mit Rée europäische Großstädte und verfasste psychologische und religionsphilosophische Schriften, Rezensionen, Essays, Erzählungen und Romane. Ihr Pseudonym hieß „Henri Loo“. Ein Wendepunkt in ihrem Leben trat ein, als sie 1911 beim Weimarer Kongress der „Internationalen Psychoanalytischen Gesellschaft“ zum Wiener Kreis der Psychoanalytiker stieß und die Psychoanalyse des österreichischen Nervenarztes Sigmund Freud (1856–1939) kennen lernte. Ab 1903 lebte Lou Andreas-Salomé zusammen mit ihrem Mann, dem Orientalisten Carl Friedrich Andreas (1846–1930), in Göttingen, wo sie 1915 eine psychoanalytische Praxis eröffnete, in der sie bis zu ihrer schweren Krebsoperation 1935 erfolgreich als psychoanalytische Therapeutin wirkte.

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Antiochis
Kleinasiatische Ärztin
zweites Jahrhundert n. Chr.

Antiochis war vermutlich die Tochter des Arztes Diodotus und praktizierte als Ärztin. Der römische Arzt griechischer Herkunft, Claudius Galenus (um 129–um 199), der zunächst in seiner Heimatstadt Pergamon und später in Rom wirkte, erwähnte Antiochis als Erfindung eines Heilmittels gegen Milzschmerzen, Ischias und Rheumatismus.

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Virginia Apgar
amerikanische Ärztin
geboren am 7. Juni 1909 in Westfield (New Jersey)
gestorben am 7. August 1974 in New York

Virginia Apgar wurde 1937 die erste weibliche Anästhesistin und arbeitete von 1949 bis 1959 als erster weiblicher „Professor für Anästhestie“ am „Columbia College of Physicians and Surgeons“. Ab 1938 war sie Direktorin des „Department of Anesthesiology“ am „Columbia-Presbyteryan Medical Center“. 1952 präsentierte sie das nach ihr benannte Apgar-Schema zur Beurteilung eines Neugeborenen etwa eine Minute nach der Geburt. Dabei werden Herzfrequenz, Atmung, Reflexverhalten, Muskeltonus und Hauptdurchblutung bewertet. Die Befunde ordnet man in ein Punkteschema ein. Als optimal gelten 9 bis 10 Punkte, nicht unter 7. Von 1959 bis 1967 leitete Virginia Apgar die „Division of Congenital Malformations“ der „National Foundation-March of Dimes“. Zwischen 1967 bis 1972 fungierte sie als Direktorin der „National Foundation“ und von 1973 bis 1974 wirkte sie als Vizepräsidentin „for medical affairs“. Zusammen mit Joan Beck schrieb sie das Buch „My Bay All Right?“, 1972).

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Clara Barton
Gründerin des „Amerikanischen Roten Kreuzes“
geboren am 25. Dezember 1821 in North Oxford (Massachusetts)
gestorben am 12. April 1912 in Glen Echo (Maryland)

Clara Barton gründete 1853 die erste freie Schule in New Jersey und wurde 1854 im Patentamt der amerikanischen Regierung in Washington die erste weibliche Regierungsangestellte der USA. Während des „Amerikanischen Bürgerkrieges“ (1861–1865) versorgte sie verwundete Soldaten, was ihr die Ehrentitel „Engel des Schlachtfeldes“ und „Florence Nightingale Amerikas“ einbrachte. 1865 rief sie in den USA den weltweit ersten Vermisstensuchdienst ins Leben. Nach einem Europaaufenthalt, bei dem sie den schweizerischen Schriftsteller und Philanthropen Henry Dunant (1828–1910), den Gründer des „Roten Kreuzes“, kennen gelernt hatte, hob sie 1881 das „Amerikanische Rote Kreuz“ aus der Taufe und wurde dessen erste Präsidentin.

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Emily Blackwell
amerikanische Ärztin
geboren am 8. Oktober 1826 in Bristol (England)
gestorben am 7. September 1910 in York Cliffs (Maine)

Emily Blackwell wanderte 1832 mit ihren Eltern und Geschwistern in die USA aus. Sie war die jüngere Schwester von Elizabeth Blackwell (1821–1910), die 1849 Amerikas erste Ärztin wurde. 1848 begann Emily ein Medizinstudium am „Rush Medical College“ in Chicago und bestand später das Doktorexamen. 1857 eröffnete ihre Schwester Elizabeth das erste Frauen- und Kinderkrankenhaus in New York. Emily arbeitete für Elizabeth zunächst als Hebamme, später leitete sie zusammen mit der Ärztin Marie Zakrzewska (1829–1902) das New Yorker Frauen- und Kinderkrankenhaus. Diesem gliederte man ein medizinisches Kolleg an, das Frauen die Ausbildung zur Ärztin erleichterte. Emily Blackwell war eine brillante Organisatorin und Managerin.

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Marie Anne Victoire Boivin
französische Hebamme
geboren am 9. April 1773 in Montreuil bei Versailles
gestorben am 16. Mai 1841

Marie Anne Victoire Boivin galt als berühmteste Hebamme ihrer Zeit. Entscheidende Anregungen für ihre Arbeit erhielt sie von 1797 bis 1811 am Pariser „Hospice de la maternité“ durch die Hebammen Marie-Louise Lachapelle (1769–1822) und Chaussier. Ihr Werk „Mémorial de l’art des acouchements“ erreichte mehrere Auflagen und erregte die Eifersucht der Lachapelle, die sie aus der Maternité vertrieb. Danach wirkte sie im Hospital von Poissy und an der „Maison de Sainté“. Damals übersetzte sie englische gynäkologische Schriften und schrieb ein Werk über Gebärmutterblutungen (1819). Es folgten Abhandlungen über Blasenmole, Aborte, Beckenmessung und Kaiserschnitt. Die Universität Marburg verlieh Marie Anne Victoire Boivin den Doktortitel.

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Dorothy Burlingham
amerikanische Kinderpsychologin
geboren am 11. Oktober 1891
gestorben am 19. November 1979

Dorothy Tiffany Burlingham, Mutter von vier Kindern, wohnte ab 1925 mit ihrer Lebensgefährtin Anna Freud (1895–1982) zusammen. Im Sommer 1937 eröffneten die beiden Kinderpsychologinnen die „Jackson Nurserey“, einen Kindergarten für Kleinkinder, in dem Anna ihre Studien über Aspekte kindlichen Essverhaltens begann. Von 1940 bis 1945 leiteten Dorothy und Anna das „Residential War Nurserey for Homeless Children“. Dort fanden durch die Kriegsereignisse verwaiste oder von ihren Eltern getrennte Kinder Zuflucht und pädagogisch wertvolle Betreuung. Anna Freud und Dorothy Burlingham waren die Ersten, die den tiefgreifenden Einfluss von Trennungserfahrungen auf die persönliche Weiterentwicklung von Kindern erkannt und begriffen haben. Eine Erfahrungsstudie hierüber erschien in Deutschland unter dem Titel „Heimatlose Kinder“ (1971).

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Marie Colinet
schweizerische Hebamme
lebte im 16./17. Jahrhundert

Marie Colinet, die Tochter eines Buchdruckers in Genf, heiratete 1587 den berühmten deutschen Wundarzt Wilhelm Fabricius Hildanus (1560–1634), eigentlich Wilhelm Fabry von Hilden, der in dem Ort Hilden bei Düsseldorf geboren wurde und ab 1585 ein Wanderleben in Deutschland und der Schweiz führte. Er gilt als der bedeutendste deutsche Chirurg der Renaissance, verbesserte verschiedene Operationstechniken und entwickelte mehrere chirurgische Instrumente. Die auch „Hildana“ genannte Marie assistierte ihrem Gatten, schiente Knochenbrüche und nahm erfolgreich Kaiserschnitte vor. 1624 erfand sie die Entfernung von Stahl- oder Eisenteilchen aus dem Auge mit Hilfe eines Magneten, was später irrtümlich ihrem Mann zugeschrieben wurde. Außerdem betätigte sie sich schriftstellerisch auf medizinischem und religiösem Gebiet.

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Jacoba Felicie
französische Ärztin
lebte im 14. Jahrhundert

Jacoba Felicie praktizierte in Paris als Ärztin und wurde 1322 mehrfach von einem Gericht wegen illegaler Ausübung ihres Berufes verurteilt. Dies geschah, obwohl mehrere Zeugen vor Gericht aussagten, sie habe erheblich weniger Geld für Heilungen erhalten als angesehene Ärzte für erfolglose Behandlungen. Nur dank der Unterstützung durch mächtige Freunde konnte Jacoba Felicie nach zahlreichen Prozessen endlich in Ruhe praktizieren.

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Käte Frankenthal
deutsche Ärztin, Psychiaterin,
Sozialhygienikerin und Gesundheitspolitikerin
geboren am 30. Januar 1889 in Kiel
gestorben am 21. April 1976 in New York

Käte Frankenthal arbeitete von 1914 bis 1915 als Assistenzärztin am Rudolf-Virchow-Krankenhaus in Berlin und danach während des Ersten Weltkrieges als Militärärztin in der österreichisch-ungarischen Armee.Von1918 bis 1924 wirkte sie als Assistenzärztin an der Berliner „Charité“. Nebenbei betrieb sie eine Privatpraxis, in der sie Ehe- und Sexualberatung gab und kostenlos Verhütungsmittel verteilte. Als Kommunalpolitikerin der „Sozialdemokratischen Partei Deutschlands“ (SPD) gehörte sie von 1920 bis 1925 dem Bezirksparlament von Berlin-Tiergarten und von 1925 bis 1931 der Stadtverordnetenversammlung an. Ab 1928 war sie stellvertretende Stadtärztin und Schulärztin für den Stadtbezirk Neukölln und leitete die kommunale Eheberatungsstelle. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde sie wegen ihrer „nicht-arischen“ Herkunft entlassen. Sie emigrierte nach New York und eröffnete dort 1947 eine psychoanalytische Praxis.

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Marie Heim-Vögtlin
geborene Vögtlin
erste schweizerische Ärztin
geboren am 7. Oktober 1845 in Bözen bei Brugg (Kanton Aargau)
gestorben am 7. November 1916 in Zürich

Marie Heim-Vögtlin, die Tochter des Pfarrers von Bözen (Kanton Aargau) und Ehefrau des berühmten schweizerischen Geologen Albert Heim (1849–1937), studierte ab 1868 Medizin in Zürich und ab 1873 in Leipzig. Anschließend arbeitete sie als Assistentin an der königlichen Entbindungsanstalt Dresden. 1874 promovierte sie in Zürich und wurde damit die erste schweizerische Ärztin. Ab 1875 praktizierte sie als Frauenärztin. 1901 gründete sie eine Pflegerinnenschule. Sie war führend in der Abstinenzbewegung und im Kampf für das Frauenstimmrecht.

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Hildegard Hetzer
österreichische Kinder- und Jugendpsychologin
geboren am 9. Juni 1899
gestorben am 12. August 1991

Hildegard Hetzer war von 1926 bis 1931 Mitarbeiterin der Psychologin Charlotte Bühler (1893–1974) in Wien. Danach wirkte sie als Professorin an der Pädagogischen Akademie Elbing. Von 1947 bis 1961 arbeitete sie am Pädagogischen Institut in Weilburg, anschließend an der Hochschule für Erziehung in Gießen. Hildegard Hetzer untersuchte den Milieueinfluss auf Kinder und erarbeitete Entwicklungstestverfahren. Ihre Hauptwerke sind „Kindheit und Armut“ (1929), „Kleinkinder-Tests“ (1932 mit Charlotte Bühler), „Kind und Jugendlicher in der Entwicklung“ (1948) und „Der Schulreifetest“ (1958 mit L. Tent).

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Hermine Heusler-Edenhuizen
geborene Heusler
erste deutsche Frauenärztin
geboren 1872 auf Burg Pewsum bei Emden
gestorben am 26. November 1955 in Berlin

Hermine Heusler, die Tochter eines ostfriesischen Arztes, bestand zusammen mit drei Gefährtinnen an einem Berliner Knabengymnasium die Reifeprüfung. Sie legte 1903 an der medizinischen Fakultät Bonn das Doktorexamen ab, erhielt im selben Jahr an der Universitätsfrauenklinik Bonn als erste Frau eine bezahlte Assistentenstelle und machte 1904 das Staatsexamen. 1909 absolvierte sie die Facharztausbildung zur „Spezialärztin für Frauenkrankheiten und Geburtshilfe“. In Berlin eröffnete sie eine Privatpraxis und eine unentgeltlich arbeitende Poliklinik. Von 1924 bis 1928 war sie Gründungsvorsitzende des „Verbandes deutscher Ärztinnen“. Auch ihr Ehemann Otto Heusler praktizierte als Arzt. In der deutschen Frauenbewegung spielte sie eine große Rolle.

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Hildegard von Bingen
geborene Hildegard von Bermersheim
Heilkundige und Mystikerin
geboren 1098 vermutlich in Schlossböckelheim
gestorben am 17. September 1179 im Kloster Rupertsberg bei Bingen

Hildegard von Bingen stammte aus einer niederen Landadelsfamilie. 1136 wurde sie als Nachfolgerin ihrer Tante Jutta von Sponheim (um 1092–1136) zur Äbtissin des Frauenkonvents im Benediktinerkloster auf dem Disibodenberg bei Odernheim gewählt. 1150 gründete sie auf dem Rupertsberg am Zusammenfluss von Nahe und Rhein bei Bingen ein Frauenkloster. Zwischen 1150 und 1158 verfasste sie die Werke „Physica“, in dem sie die Wechselwirkung zwischen Pflanzen, Elementen, Steinen und Metallen beschrieb, sowie die umfangreiche Natur- und Heilkunde „Causae et Curae“ („Ursachen und Wirkungen“), das lange Zeit als ein Leitfaden zur Heilbehandlung diente.

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Rahel Hirsch
deutsch-amerikanische Ärztin
geboren am 15. September 1870 in Frankfurt am Main
gestorben am 6. Oktober 1953 in London

Rahel Hirsch, die Tochter des Direktors der Realschule der „Israelitischen Religionsgemeinschaft“ in Frankfurt am Main, wurde 1903 – nach Helenefriederike Stelzner (1861–1937) – die zweite Ärztin und erste Internistin an der Berliner „Medizinischen Fakultät“. Als erste Frau hielt sie 1906 vor den „Charité“-Ärzten einen wissenschaftlichen Vortrag. Ab 1908 leitete sie die Poliklinik der II. Medizinischen Klinik. 1913 wurde sie erste „Professorin der Medizin“ in Preußen und der „Charité“. Da sie von der „Charité“ kein Gehalt erhielt, verdiente sie ihren Lebensunterhalt als niedergelassene Ärztin. Im Oktober 1938 floh sie nach London, wo sie als Exilantin nicht in ihrem Beruf praktizieren durfte. Sie arbeitete zunächst als Laborassistentin und später als Übersetzerin. Die letzten Lebensjahre verbrachte sie in Nervenheilanstalten. Erst 1957 wurde ihre 1906 erstmals publizierte Entdeckung der Durchlässigkeit der Nierenwand erkannt und „Hirsch-Effekt“ genannt.

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Karen Danielsen Horney
deutsch-amerikanische Psychoanalytikerin
geboren am 16. September 1885 in Blankenese bei Hamburg
gestorben am 4. Dezember 1952 in New York

Karen Danielsen Horney, geborene Danielsen, hob die sozialen und kulturellen Einflüsse auf das Selenleben besonders hervor. Damit wich sie von der „orthodoxen“ Psychoanalyse des österreichischen Nervenarztes Sigmund Freud (1856–1939) ab. Sie gilt als Hauptvertreterin der vor allem in den USA verbreiteten „Neopsychoanalyse“. 1951 veröffentlichte sie ihr Buch „Neurosis and human growth“ („Der neurotische Mensch in unserer Zeit“).

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Sophia Jex-Blake
britische Ärztin
geboren am 21. Januar 1840 in Hastings (Kent)
gestorben am 7. Januar 1912 in Rotherfield (Sussex)

Sophia Jex-Blake bewarb sich 1869 für das Studium an der medizinischen Fakultät der Universität Edinburgh. Sie wurde zunächst abgewiesen, weil es sich für eine einzelne Frau nicht schicke, an den Kursen teilzunehmen. Daraufhin organisierte sie eine Gruppe von sieben Frauen, die dann studieren durfte. Nach einem Jahr wollten Sophia Jex-Blake und die anderen Frauen den Anatomiekurs besuchen. Auf dem Weg zum Hörsaal verbarrikadierten männliche Studenten den Eingang, bewarfen die Frauen mit Schmutz und beschimpften sie. Als sie am Ziel ankamen, präsentierte man den Frauen Schafe und erklärte, nun seien auch „niedrige Tiere“ nicht mehr von Hörsälen ausgeschlossen. Nachdem man ihr auch das erreichte Diplom verweigerte, setzte Sophia Jex-Blake ihre Studien in New York fort und wurde eine Schülerin der aus England stammenden ersten amerikanischen Ärztin, Elizabeth Blackwell (1821–1910). 1875 versuchte Sophia in England, Frauen aufgrund der Lizenz für Geburtshilfe in das Medizinregister eintragen zu lassen, worauf die gesamte Prüfungsbehörde aus Protest zurücktrat. Sophia Jex-Blake hatte damals in Edinburgh eine Medizinische Schule gegründet, an die sie auch Elizabeth Blackwell holte, die 1899 ihre New Yorker Schule schloss.

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Elizabeth Kenny
australische Krankenschwester
geboren am 20. September 1886 in Warialda (Australien),
gestorben am 30. November 1952

Elizabeth Kenny – auch „Sister Kenny“ genannt – entwickelte um 1910 während einer Kinderlähmungs-Epidemie in Australien ein Verfahren, durch Wärmewickel, Entspannungsübungen und Massage der gelähmten Muskulatur die Funktionsfähigkeit wiederzugeben. 1933 gründete sie eine Klinik in Townsville (Queensland). In den frühen 1940-er Jahren ging sie in die USA, um dort Ärzten und Krankenhäusern ihr so genanntes „Kenny-Verfahren“ vorzuführen. Am nach ihr bezeichneten „Elizabeth Kenny Institute“ in Minneapolis (Minnesota) lernten ab 1943 Schwestern und Physiotherapeuten ihre Methode.

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Marie-Louise Lachapelle
geborene Dugès
französische Hebamme
geboren am 1. Januar 1769 in Paris
gestorben am 4. Oktober 1822 in Paris

Marie-Louise Lachapelle, die Tochter einer Hebamme, heiratete 1792 den Chirurgen Lachapelle, der zwei Jahre später starb. Von früher Jugend an befasste sie sich unter Anleitung ihrer Mutter mit Geburtshilfe. 1795 wurde sie Gehilfin und Stellvertreterin ihrer Mutter, die Ober-Hebamme am „Hôtel-Dieu“ war. Der schlechte Zustand der im „Hôtel-Dieu“ untergebrachten Entbindungsanstalt bewog die französische Regierung, zwei selbstständige Institute zu errichten: eines für Findlinge und eines für die Gebärenden, das zugleich als Lehranstalt für die Hebammen diente. An letzterem Institut, das man 1797 als „Hospice de la maternité“ eröffnete, fungierte die Lachapelle als Ober-Hebamme und Leiterin des praktischen Unterrichts. 1821 und 1825 erschienen die Memoiren der Lachapelle.

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Livia Drusilla
römische Kaiserin und Ärztin
geboren 58 v. Chr.
gestorben 29 n. Chr.

Livia Drusilla war in erster Ehe verheiratet mit Tiberius Claudius Nero verheiratet, dem sie die beiden Söhne Tiberius (42 v. Chr.–37 n. Chr.) und Drusus (38 v. Chr.–9 v. Chr.) gebar. 38 v. Chr. heiratete sie in zweiter Ehe den späteren römischen Kaiser Augustus (63 v. Chr. – 14 n. Chr.), auf den sie großen Einfluss gewann. Livia Drusilla gehört zu den wenigen frühen bekannten römischen Ärztinnen. 42 n. Chr. wurde sie von Kaiser Claudius (10 v. Chr.–54 n. Chr.) zur Göttin erklärt.

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Anna Morandi Manzolini
italienische Anatomin
geboren 1716
gestorben 1774

Anna Morandi Manzolini lernte von ihrem Ehemann, einem Arzt, die Anatomie und entwickelte eine große Kunstfertigkeit im Präparieren. Sie wurde Agrégée am „Anatomischen Institut“ in Bologna und erhielt den „Lehrstuhl für Anatomie“ an der Universität zu Bologna. Ihr verdankt die Anatomie eine Reihe wichtiger Entdeckungen. Sie entwickelte die anatomischen Wachsmodelle, die den Anfang der heute in jeder Schule und Hochschule gebräuchlichen biologischen und anatomischen Modelle darstellen. Bei ihr gingen Bestellungen solcher Wachsmodelle aus ganz Italien ein. Viele europäische Städte – darunter London und Sankt Petersburg – schickten ihr ehrenvolle Einladungen.

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Liz Mohn
Gründerin und Präsidentin der „Stiftung
Deutsche Schlaganfall-Hilfe“
geboren am 21. Juni 1941 in Rheda-Wiedenbrück

Liz Mohn repräsentiert zusammen mit ihrem Ehemann Reinhard Mohn die fünfte Generation der Eigentümerfamilien Bertelsmann/Mohn an der Spitze des heute mit nahezu 600 Firmen in mehr als 50 Ländern aktiven Medienunternehmens Bertelsmann. Im Beirat der „Bertelsmann-Stiftung“ leitet sie die Bereiche „Medizin und Gesundheitswesen“ sowie „Kultur“. Sie setzt sich für dringend notwendige Reformen im Gesundheitswesen ein und konzentriert sich besonders auf Fragen der Ernährungsmedizin und die Bedeutung einer ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen. Außerdem engagiert sie sich im Kampf gegen die heimtückische Augenkrankheit Uveitis. Weitere Schwerpunkte in ihrem Wirken bilden darüber hinaus die Steuerung des „Centrums für Krankenhausmanagement“ und der „Akademie für „Manuelle Medizin“, die beide von der „Bertelsmann-Stiftung“ in Zusammenarbeit mit der Universität Münster ins Leben gerufen wurden. 1993 gründete Liz Mohn die „Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe“ und baute sie auf. Diese Stiftung soll die Prävention und Früherkennung von Schlaganfällen sowie die Behandlung und Rehabilitation der Betroffenen durch Aufklärung und Verbesserung diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten fördern. Dank der „Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe“ wurden in Deutschland über 300 Selbsthilfegruppen und rund 70 so genannte „Stroke Units“ eingerichtet. „Stroke Units“ sind spezielle Schlaganfall-Intensivstationen, in denen Patienten optimal im Sinne einer Gesamtversorgung durch Neurologen, Logopäden, Ergotherapeuten und Reha-Experten betreut werden. Außerdem wird die Arbeit durch etwa 150 Regionalbeauftragte – meistens Neurologen in einer Klinik – unterstützt. Diese führen vor Ort ehrenamtlich Arzt-Patienten-Seminare durch, beraten Selbsthilfegruppen und führen Sprechstunden durch. Im Oktober 1996 erhielt Liz Mohn den „Europäischen Stifterpreis“ und im selben Jahr das „Bundesverdienstkreuz Erster Klasse“ sowie den „Charity-Bambi“. Der renommierte „Club of Rome“ nahm sie 1999 als erstes weibliches Mitglied aus Deutschland auf. Der 1968 gegründete Club vereint etwa 100 unabhängige Persönlichkeiten aus mehr als 50 Ländern aus Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und Politik in der gemeinsamen Sorge um die Zukunft der Menschheit. Am 11. März 2000 wurde Liz Mohn, die Präsidentin der „Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe“, in Hannover mit dem „Ehrenzeichen der Deutschen Ärzteschaft“ ausgezeichnet. Damit würdigte man ihr vielfältiges Engagement für die Gesundheit der Bevölkerung und die großen Verdienste im Kampf gegen den Schlaganfall. Das Ehrenzeichen ist die höchste Auszeichnung der „Deutschen Ärzteschaft“ für Nicht-Mediziner.

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Gabriele Possanner von Ehrenthal
erste Ärztin in Wien
geboren am 27. Januar 1860 in Ofen (Budapest)
gestorben am 14. März 1940 in Wien

Gabriele Possanner von Ehrenthal war das zweite Kind des österreichischen Juristen Benjamin Possanner von Ehrenthal. Weil ihr Vater aus beruflichen Gründen mehrfach den Wohnsitz wechselte, lebte sie bis zum Alter von 20 Jahren in sechs verschiedenen Städten. Als der Vater im Oktober 1880 zum Sektionschef im k.k. Finanzministerium in Wien ernannt wurde, ließ sich die Familie in der österreichischen Hauptstadt nieder. Nach dem Besuch der Volksschule erhielt Gabriele Privatunterricht. In Wien besuchte sie die Lehrerinnenbildungsanstalt, an der sie 1885 ein Reifezeugnis erhielt, das sie zum Unterricht in Volksschulen und Kindergärten berechtigte. Am 15. Dezember 1887 ließ sie sich am k.k. Akademischen Gymnasium in Wien als zweite Frau – nach Clotilde Benedict – die „Reife zur Universität“ attestieren. Ab 1888 studierte sie in Zürich (Schweiz) Medizin und promovierte 1894 zum „Doktor der Medizin“. Erst drei Jahre später wurde am 2. April 1897 ihre Promotion in Österreich anerkannt und durfte sie im Mai jenes Jahres als erste Wiener Ärztin eine Praxis eröffnen. Zwischen 1902 und 1905 beschäftigte man sie als erste Ärztin an einer der neun k.k. Krankenanstalten in Wien als Aspirantin. Am 15. März 1928 verlieh man der 68-jährigen Gabriele Possanner von Ehrenthal als erster Österreicherin den Titel „Medizinalrat“. Mit ihren Schwestern Camilla und Emma lebte Gabriele bis zu ihrem Tod in der ihrer Arztpraxis angeschlossenen Wohnung. 1944 wurde das Haus bei einem Bombenangriff zerstört, wobei ihre Schwester Emma ihr Leben verlor.

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Florence Rena Sabin
amerikanische Ärztin
geboren am 9. November 1871 in Central City (Colorado)
gestorben am 3. Oktober 1953 in Denver

Florence Rena Sabin verdiente sich als Lehrerin für Mathematik und Zoologie die Mittel zum Medizinstudium. Im Alter von 29 Jahren promovierte sie zum „Doktor der Medizin“. Sie erhielt als erste Frau eine ordentliche Professur an der medizinischen Fakultät der John-Hopkins-Universität. Später avancierte sie sogar zur Direktorin des „Anatomischen Instituts“ dieser Hochschule. Als erster Frau in den USA übertrug man ihr die Leitung eines medizinischen Forschungsinstituts von Weltrang, nämlich des Rockefeller-Instituts in New York. Sie erforschte vor allem die zellulären Bestandteile des Blutes und die Tuberkulose und kämpfte für die Verbesserung des öffentlichen Gesundheitsdienste. Florence Rena Sabin erfuhr die höchste Ehrung, die die amerikanische Wissenschaft zu vergeben hat: Man ernannte sie zum ordentlichen Mitglied der „Akademie der Wissenschaften“.

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Margaret Sanger
geborene Higgins
amerikanische Krankenschwester
und Sozialreformerin
geboren am 14. September 1883 in Tucson (Arizona)
gestorben am 6. September 1966 in Corning (New York)

Margaret Sanger kämpfte für legale Empfängnisverhütung und wurde deswegen mehrfach angezeigt und verhaftet. 1921 gründete sie die „American Birth Control League“ („Amerikanische Liga für Geburtenkontrolle“), die das Bundesgesetz von 1873 bekämpfte, nach dem jegliche Information über Verhütungsmittel strafbar war. Der Begriff „Geburtenkontrolle“ wurde von ihr geprägt. Zusammen mit ihrer Schwester Ethel Byrne errichtete sie in den USA die erste „Klinik für Geburtenkontrolle“. 1931 erschien ihr Buch „My fight for birth control“. Ab 1914 gab sie die Aufklärungszeitschrift „The Women Rebel“ heraus. Sie organisierte den „Internationalen Kongreß für Geburtenkontrolle“ 1925, aus dem 1942 die Organisation „Planned Parenthood“ („Geplante Elternschaft“) und später die deutsche Organisation „Pro Familia“ hervorging. 1936/1937 erreichte Margaret Sanger eines ihrer Ziele: Amerikanische Ärzte durften Verhütungsmittel verordnen.

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Nahdeshda Suslowa
russische Ärztin
Geburts- und Todestag unbekannt

Nadeshda Suslowa promovierte im Dezember 1867 als erste Frau an der Universität Zürich zum „Doktor der Medizin“. Diese liberale Hochschule war die erste deutschsprachige Universität, die Frauen zum Studium zuließ. Bereits ab dem Wintersemester 1843/1844 nahm man in Zürich vereinzelt Hörerinnen auf. Mehr als drei Jahrzehnte später studierten zahlreiche Russinnen in Zürich, von denen sich besonders viele im Fach Medizin einschreiben ließen.

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Franziska Tiburtius
deutsche Ärztin
geboren am 24. Januar 1843 in Bisdamitz auf Rügen
gestorben am 5. Mai 1927 in Berlin

Franziska Tiburtius studierte von 1871 bis 1876 in Zürich Medizin, weil dies damals an deutschen Universitäten noch nicht möglich war.1876 promovierte sie zum „Doktor der Medizin“ und eröffnete zusammen mit ihrer Freundin Dr. Emilie Lehmus (1841–1932) in einem Berliner Arbeiterviertel eine Privatpraxis. Als dritte Ärztin in Berlin ließ sich 1890 – nach ihrer Promotion zum „Doktor der Medizin“ – Agnes Bluhm (1862–1944) nieder. 1908 eröffnete Franziska Tiburtius die „Chirurgische Klinik weiblicher Ärzte“.

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Henriette Tiburtius
geborene Hirschfeld
erste deutsche Zahnärztin
geboren am 14. Februar 1834 in Westerland auf Sylt,
gestorben am 25. August 1911 in Berlin

Henriette Tiburtius studierte ab 1867 als erste Frau Zahnheilkunde am „Dental College“ der Universität Philadelphia (Pennsylvania). Im Oktober 1869 eröffnete sie in Berlin eine Praxis, in der sie 30 Jahre lang täglich von 9 bis 15 Uhr arbeitete. Sie heiratete Dr. med. Tiburtius und errichtete mit dessen Schwester Franziska Tiburtius die „Chirurgische Klinik weiblicher Ärzte“, einen Frauenclub und eine Heimstätte für Frauen.

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Trotula von Salerno
italienische Ärztin
eine der großen Medizinerinnen des Mittelalters
gestorben 1097

Trotula di Ruggiero – auch Trotula von Salerno genannt – war die Tochter einer alten Adelsfamilie. Aus ihrer Ehe mit dem Arzt Johannes Platearius gingen zwei Söhne hervor, die später ebenfalls als Ärzte wirkten. Als die Medizinschule von Salerno zur ersten europäischen Universität erklärt wurde, lehrten und forschten dort Trotulas Gatte und Söhne. Nach einer Neuorganisation wurde auch Trotula selbst Mitglied der medizinischen Fakultät. Zusammen mit ihrem Gemahl und den beiden Söhnen verfasste Trotula eine medizinische Enzyklopädie namens „Practica Brevis“. Ihr später als „Trotula Major“ bezeichnetes Werk „Passionibus Mulierum Curandorum“ gilt als bedeutendste Schrift über Frauenkrankheiten. Darin betonte sie die Wichtigkeit von Sauberkeit, ausgewogener Ernährung und körperlicher Betätigung und warnte vor Unruhe, Besorgnis und Stress. Trotula war die erste große Medizinerin des Mittelalters.

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Marie Zakrzewska
amerikanische Ärztin
geboren am 6. September 1829 in Berlin
gestorben am 12. Mai 1902 in Jamaica Plain
(heute ein Stadtteil von Boston)

Marie Zakrzewska war die Tochter einer Hebamme und besuchte im Alter von 20 Jahren die Schule für Hebammen an der „Charité“ in Berlin. 1853 wanderte sie in die USA aus, wo sie zunächst als Heimarbeiterin Strickwaren anfertigte. 1854 traf sie mit Elizabeth Blackwell (1821–1910), der ersten amerikanischen Ärztin, zusammen. Diese half ihr, am „Cleveland Medical College“ („Western Reserve“) zugelassen zu werden, wo gerade ihre Schwester Emily Blackwell (1826–1910) graduiert hatte. Nach Abschluss dieser Ausbildung zog Marie 1856 nach New York, wo sie eine Praxis eröffnete. Sie half den Blackwell-Schwestern, ein Hospital und eine medizinische Schule für Frauen zu eröffnen und arbeitete dort von 1857 bis 1859. Ab 1859 unterrichtete Marie Hebammen am „New England Female Medicine College“. 1862 eröffnete sie das „New England Hospital for Women and Children“ und 1872 eine Schwesternschule. Nebenher betrieb sie eine private Praxis für Gynäkologie.

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