Dienstag, 12. Februar 2008

Berliner Taxifahrer Barbaros Güzelses schrieb Buch













Berliner Taxifahrer und Buchautor Barbaros Güzelses

Die Taxifibel Version 1.0. Erlebnisse eines Taxifahrers. Für Fahrgäste und werdende Taxifahrer. Erschienen April 2007 beim Wagner Verlag http://www.wagner-verlag.de

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Wenn Sie aber wie ich nachts fahren wollen, ja, dann wird das Taxifahren sehr interessant werden. Sie werden das Leben eines Vampirs führen. Tagsüber schlafen und nachts durchstreifen Sie Ihr Revier nach Beute, angetrieben vom "ewigen Durst" nach frischem Geld. Auch am Tage werden Sie diesen "Durst" verspüren, wenn Sie nämlich mit Ihrem privaten PKW unterwegs sind und mit Kennerblick am Straßenrand einen "Winker" stehen sehen, der sich suchend im Straßenverkehr umsieht. An seinem Gesichtsausdruck sehen Sie sofort sein "dringendes Bedürfnis" nach einer Taxe. Sie werden sofort rechts ranfahren und diesen Fahrgast laden wollen. Ein Kollege hat es sogar fertiggebracht, mit seinem privaten PKW auf die Taxihalte raufzufahren, bis es ihm wie Schuppen aus den Haaren fiel, dass er erst am Abend wieder Taxi fahren wird.

"Sie sollten auch versuchen, die Sprache der Jugendlichen zu verstehen. Wenn Sie sich weigern, für 3 Euro eine 12-Euro-Tour zu fahren, dann können Sie so etwas wie "fick Dich" zu hören bekommen. Seien Sie dann nicht beleidigt oder gekränkt, dieses "fick Dich" bedeutet übersetzt nichts anderes als "Danke für das Gespräch".

Manch andere randalieren richtig in einem Taxi, weil sie der Ansicht sind, nun brauchen wir uns nicht nur anzuschnallen, es sind auch alle Benimmregeln aufgehoben. Mit randalieren meine ich, sie lassen sich verbal und lautstark gehen. In der Hinsicht habe ich mal vier junge Männer aus Hannover gefahren, die waren ziemlich laut, jedenfalls die beiden, die hinten saßen. An ihrem Hotel angekommen, es waren ca. 15 Euro auf der Uhr, gab mir der, der vorne saß, einen Zwanziger und meinte: "Stimmt so, der Rest ist Schmerzensgeld", ein mitfühlender Fahrgast, solche Menschen sind so selten wie eine Marslandung.

Fahrgäste haben mir erzählt, dass in Frankreich die Kollegen nachts einen Hund dabei haben dürfen, um sich vor Überfällen zu schützen, oder wenn einer wegläuft ohne zu bezahlen. Die mussten sich nämlich zu viert hinten reinquetschen, weil vorne saß der Hund, ein Dobermann. Was heißt hier saß, das Tier hockte hechelnd im Fußraum, ohne Maulkorb. Ich sage Ihnen, da mucken Sie nicht, da meckern Sie nicht, da zahlen Sie jeden Preis. Der Hund kennt nicht die kürzeste Strecke, er weiß auch nicht, wie man von hier nach da kommt, aber er hört an Ihrem Tonfall, dass Sie Herrchen nicht Gutes wollen. Kommt da so ein Kampfhund, Pitbull, Rottweiler, was weiß ich, nach hinten, dann können Sie die Thematik "Hey, da hätten Sie aber rechts abbiegen müssen!", mit dem Hund "durchkauen", im wahrsten Sinne des Wortes. Dann beten Sie, dass der französische Kollege ein paar Aderklemmen dabei hat.

Ich persönlich würde auch nicht meckern, sondern den Kollegen bitten, zur Tanke zu fahren, damit ich seinem Hündchen eine Dose Chappi holen kann. Aber um Gottes willen, halten Sie dem Tier die Dose nicht hin, der beißt Ihnen den Arm ab, werfen Sie es ihm hin, Sie brauchen auch keinen Dosenöffner, das Vieh frisst die Dose gleich mit auf und schaut Sie mit seinen glasigen Augen erwartend an, und Gnade Ihnen Gott, wenn Sie sparen wollten und haben nur eine Dose gekauft. Also, wenn Sie in Frankreich sind und nachts Taxi fahren wollen, haben Sie bitte ein Paar Dosen Chappi dabei.

Das ist natürlich für einen Taxifahrer der Idealzustand. Ein verängstigter, eingeschüchterter und paralysierter Fahrgast, der nicht aufmuckt, "Hey wo fahren Sie denn lang!", oder wegläuft, zahlt am Ende der Tour jeden Fahrpreis und gibt ordentlich Trinkgeld. Leider würden die deutschen Behörden einen Pitbull als "Copiloten" an Bord einer Taxe niemals genehmigen. Nicht dass die Behörden um die Fährgäste besorgt wären, nein nein, Sie würden davon ausgehen, dass eines Tages sie selber mal Taxi fahren und hätten keine Lust, auf dem Rücksitz mit einem Kampfhund rumzukuscheln.

Manchmal werden Sie Fahrgäste haben, die sind nicht nur betrunken, die haben sich auch ein paar Tabletten eingeschmissen. Man erkennt sie daran, das sie wirres Zeug reden und stark erweiterte Pupillen haben. Mir ist mal ein Fahrgast eingestiegen, ein junger Mann, kaum saß er in der Taxe, fragte er sofort nach seinem Koffer. Ich war erstaunt, normalerweise nennen Fahrgäste ein Ziel, aber dieser redete nur von seinem Koffer, behauptete sogar, sein Köfferchen wäre in der Taxe, ich musste ihm das Handschuhfach und nach der Tour sogar den Kofferraum zeigen, damit er mir glaubt. Natürlich habe ich mir seine Pupillen angeschaut, die waren erweitert, so groß wie Untertassen. Ich wollte ihm schon sagen „Wenn Sie schon Drogen nehmen, dann bitte nicht dieses synthetische, billige Zeugs. Nehmen Sie lieber die teuren, naturgewachsenen und natürlichen Drogen auf pflanzlicher Basis, Kokain oder Heroin zum Beispiel. Noch besser ist es, Sie nehmen gar keine Drogen und bleiben diesem Teufelszeug fern." Ich war mir jedoch sehr sicher, dass er für solche "Belehrungen" überhaupt nicht aufgeschlossen gewesen wäre, er war ja so sehr mit seinem "Koffer" beschäftigt.

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Der Autor:

Barbaros Güzelses, geboren in 1966 in Istanbul, kam 1972 nach Deutschland. Er absolvierte hier seine gesamte Schul- und Berufsausbildung. Bis zum Jahre 2001 lebte und arbeitete er in Hamburg. Sein eigentlicher Beruf ist staatlich geprüfter Fremdsprachenkorrespondent. Er ist verheiratet und hat 3 Kinder.

Im Jahre 2001 kam er wegen seiner geliebten Frau nach Berlin und arbeitet seitdem als straßengeprüfter Taxifahrer in Nachtschicht.

Auf seinen unendlichen Nachtschichten haben ihn Fahrgäste angeregt, seine Erfahrungen und Erlebnisse mit Fahrgästen ausführlich in der „Taxifibel Version 1.0“ niederzuschreiben.

Ein satirisch-humorvoller Erlebnissbericht über die Arbeit eines Taxifahrers in Berlin.

Es war für ihn das erste Mal, das er als Verfasser einer solchen Schrift in Erscheinung getreten und literarisch auffällig geworden ist.

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Link zur Autoreninternetseite http://www.taxifibel.de